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3. Brandenburger Aktionstag Wohnen im Alter 2015

Mehr altersgerechte Wohnmöglichkeiten durch Finanzierungsmix und Netzwerke

Wohlfühlen im Alter, das heißt für die meisten: im Umfeld von Familie, Freunden und Nachbarn bleiben; durch altersgerechte Gestaltung von Wohnung und Umfeld selbstständig leben; vielfältige Möglichkeiten für soziale Kontakte haben sowie bei Bedarf gut betreut und versorgt werden. Vor allem muss es bezahlbar sein!
Der Anspruch ist klar, ist er in den Städten und Dörfern Brandenburgs auch schon Wirklichkeit? Bei den vielfältigen Veranstaltungen, die die Akademie 2. Lebenshälfte dazu in den letzten Jahren durchgeführt hat, war deutlich – es gibt viele tolle Beispiele im Land, meist mit  langen Wartelisten. Insgesamt ist der Anteil altersgerechter Wohnungen jedoch lange nicht ausreichend. Die Forderungen der Älteren waren eindeutig - langfristige Strategien in den Kommunen, mehr Möglichkeiten der Finanzierung unterschiedlicher Wohnformen und mehr Kümmerer sind gefragt!
Der Brandenburger Aktionstag zum Wohnen im Alter 2015 stand deshalb unter der Fragestellung, wie können bezahlbare altersgerechte Wohnmöglichkeiten durch Finanzierungsmix und Netzwerke gesichert werden?
Die Veranstaltung fand am 10.09.2015 von 10.00 bis 16.00 Uhr in Potsdam im Bürgerhaus am Schlatz statt.

Wie war die Resonanz?

Die Rückmeldung zu unserer Einladung war sehr groß. Das Thema bewegt die Senioren und auch viele andere im Land!  Mehr als 90 Interessierte waren gekommen, dabei Mitglieder aus Seniorenbeiräten, Verantwortliche aus Unternehmen der Wohn- und Pflegebranche, der Kommunen, vieler Vereine und Institutionen, aber auch interessierte Bürgerinnen und Bürger. Die Zusammensetzung war bereits wie in den Vorjahren sehr gut gemischt, was der Diskussion zugute kam. Es war auch wieder gelungen, interessierte Akteure aus fast allen Kreisen des Landes Brandenburg zum Aktionstag nach Potsdam zu holen. Dieses Thema ist überall im Land aktuell.

Ablauf
Begrüßung/ Einführung
Staatssekretärin Frau Hartwig-Tiedt

Frau Almuth Hartwig-Tiedt, Staatssekretärin im Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie des Landes Brandenburg, begrüßte die Gäste und hob die Bedeutung des Themas für das Land Brandenburg hervor.  Die demografische Entwicklung hat bereits jetzt einen Stand ereicht, bei dem die Zahl der altersgerechten Wohnungen nicht ausreicht. Auch sie betonte die Bedeutung des bezahlbaren Wohnens vor allem für die Zukunft. Dem Ministerium liegt sehr am Herzen, dass gemeinsam mit den Akteuren vor Ort gute kommunale Lösungen für die Verbindung von Wohnen und Pflege und die Bewältigung des Lebensalltags in der eigenen Wohnung im hohen Alter gefunden werden. Deshalb hat das Land die Schaffung von 'Fachstellen für Altern und Pflege im Quartier' initiiert, die in Kürze an den Start gehen werden, wie die Staatssekretärin ankündigte. Ihre Aufgabe wird es sein, gemeinsam mit den Kommunen Modelle und Formate zu entwicklen, die es den Menschen vor Ort ermöglichen, altersgerechte Lebensräume für Menschen mit Pflegebedarf zu entwickeln. Dazu gehören auch neue Wohnformen, die weiter unterstützt werden sollen. Eine 'Kultur der Ermöglichung' fördern, Grenzen verschieben und dabei auch Vorschriften ändern, das möchte das Ministerium in Zukunft weiter unterstützen.

Dr. Ingrid Witzsche

Dr. Ingrid Witzsche vom Förderverein Akademie 2. Lebenshälfte im Land Brandenburg e.V., der seit vielen Jahren mit dem Wohn-Portal die Entwicklung im Bereich 'Wohnen im Alter' verfolgt, hob die vielen guten Beispiele hervor, die es bereits überall gibt. Es sind aber nach wie vor oft 'Leuchttürme'. Und häufig sind diese auch nicht für die Menschen mit kleiner Rente geeignet. Anhand aktueller Medienbeispiele stellte sie dar, welche große Bedeutung des Thema in letzter Zeit in der Öffentlichkeit erlangt hat. So gibt es bereits bundesweit ein Bündnis zum bezahlbaren Wohnen. Ziel der Veranstaltung sei vor allem, so stellte sie dar, sich darüber auszutauschen: was treibt die Kosten für altersgerechtes Wohnen in die Höhe, welche Alternativen gibt es, wo gibt es bereits gute Beispiele für Förderung, Finanzierungsmix, Netzwerke und andere Lösungsansätze in Stadt und Land. Die Schwerpunkte der Fachforen waren deshalb auch sehr breit gewählt, denn das Thema betrifft nicht nur die 'Baukosten'.

Die Beiträge
Dr. Jörg Lippert

Rahmenbedingungen für altersgerechtes bezahlbares Wohnen in Brandenburg
Unter dieser Überschrift stellte Dr. Jörg Lippert vom BBU Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e.V.dar, wie sich der Wohnungsmarkt in Deutschland entwickelt und wie sich der demografische Wandel dabei auswirkt. Detailliert ging er der Frage nach - Was heißt altersgerechtes Wohnen? Was heißt bezahlbar? Was macht das Wohnen im Alter teuer? In seinem Beitrag wurde deutlich, vor welchen Herausforderungen die Wohnungswirtschaft steht und welche erfolgreichen Strategien viele Mitglieder der BBBU bereits gehen. Sein Vortrag enthielt viele konkrete Aussagen, die auch für die Argumentation und Diskussion in den Kommunen wertvoll sind. Schlussfolgernd hob er hervor, dass die Wohnungsunternehmen auf generationsgerechtes, nachhaltiges Wohnen mit differenzierten Angeboten orientieren, die Kooperationen mit Partnern für soziale Kommunikation, Gesundheitsförderung und Dienstleistungen fördern und sich immer wieder dafür einsetzen, dass das Verhältnis von Wirtschaftlichkeit und Bezahlbarkeit stimmt und damit praxistauglich ist.

Präsentation BBU Herr Lippert
PDF-Datei (1 MB), Oktober 2015

Kristof Illner

Finanzierungsmöglichkeiten für altersgerechtes Bauen und Wohnraumanpassung in Brandenburg
Im Anschluss daran erläuterte Kristof Illner von der Wohnraumförderung der Landesinvestitionsbank Brandenburg, welche Möglichkeiten der Finanzierung es bereits gibt und wie sie genutzt werden. Die Ausrichtung der Wohnraumförderung berücksichtigt die demografische Kompetente, so betonte er.  Dazu gehören Generationengerechtigkeit genauso wie Barrierefreiheit und Innenstadtentwicklung. Das eine ist vom anderen nicht zu trennen. Ausführlich stellte er das KfW-Programm 'Altersgerecht umbauen' vor, das sowohl von der Wohnungswirtschaft, aber auch von Eigentümern von Ein- und Zwiefamilienhäusern und Mietern genutzt werden kann. Auch das Programm zur Behindertengerechten Anpassung von Wohnraum bietet Fördermöglichkeiten für den Einzelnen. Hier steht viel mehr Fördervolumen zur Verfügung als abgefordert wird. Deshalb war es auch ein Anliegen des Referenten, die Anwesenden als Multiplikatoren zu nutzen, damit diese Informationen und Möglichkeiten genau an die Menschen herankommen, für die diese Förderung gedacht ist.

Präsentation ILB Kristof Illner
PDF-Datei (965 kB), Oktober 2015

Eckhard Feddersen

Wohnen im Alter in Stadt und Land - Wünsche und Lösungen
Sehr kritisch betrachtete der Architekt Eckhard Feddersen diese Lösungsansätze, die nur für wenige Menschen eine Verbesserung bringen können. Anhand der konkreten Zahlen brachte er das Problem auf den Punkt - wenn nicht im großen Stil hier Veränderungen passieren, ist die Herausforderung, genügend altersgerechten Wohnraum für die stark wachsende Zahl alter Menschen zu schaffen, nicht realisierbar. Das brachte ihm viel Applaus beim Publikum ein.
An Beispielen seiner Arbeit zeigte er anschaulich, dass es möglich ist. Klug geplant sind Vielfalt und Individualität, Barrierefreiheit und soziale Kontaktmöglichkeiten realisierbar, vor allem in Großbauten. Klar  wurde aber auch, dass altersgerechter Neubau auf Grund der hohen Anforderungen im unteren Preissegment nicht machbar ist. Bei der Anpassung vorhandenen Wohnraums und auch zum Teil beim Bauen für Wohngemeinschaften, für Betreutes Wohnen und stationäre Pflege ist auch das untere Segment realisierbar. Natürlich mit Kompromissen. Eindrucksvoll war erlebbar, wie mit Licht und Farbe, intelligenten Zuschnitten und Lösungen auch kleine und damit kostengünstigere Wohnungen attraktiv sein können. 'Mischen Sie grundsätzlich', war eine seiner Forderungen an die Wohnungswirtschaft!

 Dr. Rainer Radloff

Initiativen sind gefragt!
Was kann man denn nun tun, um die Situation zu ändern? Mit dieser Frage knüpfte Dr. Rainer Radloff vom Mieterbund Brandenburg e.V. an seinen Vorredner an. Bezahlbares Wohnen heißt üblicherweise, man gibt ein Drittel seines Einkommens für das Wohnen aus. Bei einem 'guten' Einkommen ist das durchaus machbar. Was aber wird mit den immer kleineren Renten vieler alter Menschen, die häufig auch im Ein-Personenhaushalt leben und davon ihre Miete zahlen müssen. Für das Drittel gibt es da heute kaum eine Wohnung.  Als Vertreter des Mieterbundes machte er deutlich, wie man versucht, hier auf die Politik Einfluss zu nehmen. Die Mietpreisbremse in einigen Regionen ist ein erster Erfolg, damit die Wohnkostenentwicklung nicht immer weiter in die Höhe geht. Das Thema bezahlbares Wohnen ist mittlerweile bundesweit ein Thema in der Politik, u.a. in dem Bündnis bezahlbares Wohnen, das aber noch keine Ergebnisse gebracht hat. Auch er plädierte dafür, die Standards nicht immer höher zu setzen, die Rahmenbedingungen bei Bund, Land, Kommunen anzupassen und das Thema Ältere viel stärker in den Fokus der Politik zu nehmen.

 

Am Nachmittag bestand in drei Fachforen die Möglichkeit zum intensiven Erfahrungsaustausch.

Fachforum 1

Was kann ich als Bürger nutzen, um meine (Miet-) Wohnung/ mein Haus altersgerecht umzubauen/ anzupassen? Was muss ich bei Wohn-und Pflegeverträgen beachten?
Fachforum 1

Großes Interesse fanden die zwei unterschiedlichen Vorträge im Forum 1, die deutlich machten, wie man als Bürger selber dazu beitragen kann, gute Wohnmöglichkeiten im Alter zu schaffen und wie man dabei auch Geld sparen oder bekommen kann. Als erstes machte Dunja Neukamp von der Verbraucherzentrale Brandenburg darauf aufmerksam, was man bei der Unterzeichnung eines Vertrages für das Service-Wohnen oder Betreutes Wohnen beachten sollte. Es ging ihr nicht darum, darzustellen, wann diese Wohnform sinnvoll ist, sondern sie möchte sensibilisieren für die vielen Tücken, die bei der Vertragsunterzeichnung zu bedenken sind. 'Mit meiner Unterschrift entscheide ich mich klar für die Leistungen,die im Vertrag stehen.' Aus ihrer Erfahrung ist vielen Älteren das nicht bewusst und dann ist es oft schon zu spät.
Sehr anregend war für die Zuhörer auch der Vortrag von Jeannette Sroka vom DRK-Kreisverband Teltow-Fläming, die anschaulich  und konkret darstellte, was zur Wohnraumanpassung gehört und wie man sich das Leben bereits mit kleinen Maßnahmen leichter machen kann. Mit Beispielen stellte sie auch dar, was dabei förderfähig ist und wie man zu solch einer Förderung kommt. Monika Miess als Moderatorin führte die anregende Diskussion.       

Präsentation DRK Frau Sroka
PDF-Datei (5 MB), Oktober 2015

Fachforum 2

Gut alt werden auf dem Lande - Wie kann das gelingen?

Unter kompetenter Führung durch die Moderatorin Dr. Sabine Bauer vom Forum ländlicher Raum - Netzwerk Brandenburg diskutierten die Interessierten im Forum 2, wie sich das Thema auf dem Lande darstellt und welche Strategien hier erfolgreich sind. Alle waren sich darin einig, dass viele Menschen in ihrem Dorf bleiben möchten bis ins hohe Alter. Aber wie kann das gelingen, ist es überhaupt sinnvoll?
Benno Stephan, Geschäftsführer der Firma BST Immobilien, hat sich für ein solches Thema engagiert. Er stellte den Zuhörern sein Mehrgenerationenprojekt 'Alte Försterei Kölpin' vor. In der alten Försterei wurden verschiedene Ansätze integriert, dazu gehören auch zwei  Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenz, für die es eine große Nachfrage gibt.  Das große Engagement seiner Familie, das Durchhaltevermögen beim Kampf um Fördermittel und der Umgang mit den vielen Herausforderungen hat schließlich das Projekt zum Erfolg werden lassen. Alte Menschen können im Dorf bleiben und leben im Miteinander der Generationen. Als zweites berichtetet Michael Franke, Regionalmanager der Energieregion im Lausitzer Seenland, wie ihre Lokale Aktionsgruppe das Thema in ihren Leitlinien bis 2020 verankert hat. Um der weiteren Abwanderung entgegenzuwirken, wollen sie mit vielen Aktivitäten dazu beitragen, die Lebensqualität in den Dörfern für alle Generationen zu verbessern. Intergenerative Wohnkonzepte gehören dazu genauso wie der Erhalt der ortsprägenden Bausubstanz und die Verbesserung der Barrierefreiheit.

Präsentation Alte Försterei Kölpin
PDF-Datei (1 MB), Oktober 2015

Präsentation LAG Michael Franke
PDF-Datei (802 kB), Oktober 2015

Fachforum 3

Gemeinschaftliche Wohnprojekte – nur etwas für Reiche?

Das Interesse an den bundesweiten Erfahrungen zu Finanzierungsmöglichkeiten des gemeinschaftlichen Wohnens, die Rolf Novy-Huy, Geschäftsführer  der Stiftung Trias im Forum 3 vorstellte, war so groß, dass die Gruppe den Saal nutzen musste. Gut strukturiert und mit vielen konkreten Beispielen führte er die Zuhörer durch das komplizierte vielschichtige Thema der Finanzierung von Wohnprojekten. Er stellte drei Projektarten und Finanzierungswege vor, erklärte was Eigenkapital bedeutet und welche Wirkungen es bei der Realisierung eines gemeinsamen Vorhabens hat. An konkreten Beispielen erläuterte er, wie die Stiftung Trias Projektträger unterstützen kann, so z.B. die '23 Riesen' aus Potsdam.
Dr. Ingrid Witzsche von der Akademie 2. Lebenshälfte, die die Runde moderierte, stellte die Frage nach dem Geld nochmal in den Mittelpunkt der Diskussion. Sind solche Projekte nun nur etwas für Reiche? Die Antwort, die Herr Novy-Huy, aber auch die Projektakteure aus dem Publikum gaben, war einhellig. Im Prinzip ja, es ist immer gut, wenn Menschen mit ausreichendem Vermögen bei einem solchen Projekt dabei sind. Es gibt jedoch Möglichkeiten, Kosten zu sparen, so zeigte der Referent in seinen Ausführungen. Viele Projekte haben auch einen hohen sozialen Anspruch und möchten gern eine Mischung bei den Bewohnern erreichen. Das ist vor allem dann realisierbar, wenn die Projektakteure Solidarität leben wollen, wenn sie andere Denk- und Handlungsweisen verkörpern als üblich, z.B. das Auto gemeinsam nutzen, die Waschmaschine und anderes.
Eine spannende Diskussion kam auch auf, als deutlich wurde, dass die Zahl der gemeinschaftlichen Wohnprojekte in Brandenburg insbesondere im Vergleich zu westlichen Bundesländern auffällig niedrig ist.

Präsentation Stiftung Trias Rolf Nov-Huy
PDF-Datei (1 MB), Oktober 2015

Schlusswort
Mit der Aufforderung an die Seniorenräte, sich noch stärker für das Thema des bezahlbaren Wohnens im Alter in der Politik einzubringen, schloß Egon Ulrich, seit 2015 Leiter der Arbeitsgruppe Wohnen des Seniorenrates des Landes Brandenburg, die Tagung. Er betonte, dass es einer starken Stimme der Älteren im Parlament bedarf, um hier Veränderungen zu bewirken. Noch ist das Thema nicht ausreichend im Fokus der Politik. Nur gemeinsam kann man sich Gehör verschaffen!

Die verschiedenen Teilprojekte wurden mit finanzieller Unterstützung mehrerer Ministerien sowie aus Lottomitteln des Landes Brandenburg und durch das Seniorenpolitische Maßnahmepaket des Landes realisiert.

 
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